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Im Zeichen des Kreuzes und in Gottes Namen

„Du sollst nicht töten“ – dieses fünfte Gebot wurde von den Ordensbrüdern und Kreuzfahrern des Deutschen Ordens im Kampf gegen nichtchristliche Völker andauernd übertreten. Wenn den Ordenskriegern trotzdem an der Erlangung ihres Seelenheils gelegen war (wovon man ausgehen kann), so bedurften sie einer theologisch fundierten Rechtfertigung für ihre gebotswidrige Handlungsweise. Es stellt sich die Frage, wie diese permanente Verletzung des Tötungsverbotes im Dekalog zur Zeit der Ordensherrschaft in Ostmitteleuropa gerechtfertigt wurde. Um einer Antwort auf diese Frage näher zu kommen, soll nun die Ältere Hochmeisterchronik – eine bisher relativ wenig beachtete historiographische Quelle des Deutschen Ordens – untersucht werden. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich dabei auf den Zeitraum vom Beginn der Feldzüge des Deutschen Ordens gegen die heidnischen Litauer im Jahr 1283 bis zur verlorenen Schlacht der Ordenstruppen gegen das polnisch-litauische Heer bei Tannenberg im Jahr 1410. Diese langanhaltenden Kämpfe wurden von dem Mediävisten Werner Paravicini als „ein anderer Hundertjähriger Krieg“ bezeichnet.

Mehr über das Spannungsfeld zwischen Christentum und Krieg am Beispiel der Älteren Hochmeisterchronik können Sie hier lesen:

Im Zeichen des Kreuzes und in Gottes Namen – Christentum und Krieg am Beispiel der Älteren Hochmeisterchronik
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Umwandererzentralstelle des Reichssicherheitshauptamtes

Aussiedlung von Polen im Wartheland, 1939 - Bundesarchiv, R 49 Bild-0131 / CC-BY-SANach dem militärischen Sieg über Polen am 6. Oktober 1939 wurden die westlichen Gebiete Polens dem Deutschen Reich angegliedert. Die hier beheima­teten Polen wurden teilweise so­fort in Richtung Osten vertrieben, die polnische Führungsschicht wurde in Konzentrationsla­ger verbracht oder gleich ermordet.

Die zurückbleibende einheimische Bevölkerung war weitestgehend rechtlos der Willkür deutscher Behörden ausgesetzt. Deutsch wurde die ein­zige Amtsspra­che, alle polnischen Orts- und Straßennamen wurden durch deutsche Namen ersetzt. In den angegliederten Gebieten wurden polnische Schulen, Theater, Museen, öffentliche Bibliothe­ken, Buch- und Zeitungshandlungen und alle anderen kulturellen Einrichtungen geschlossen und der Gebrauch der polnischen Sprache verboten.

Die neu gegründeten Reichsgaue wurden als „Exerzierplatz für den Nationalsozialismus“ angesehen und es sollte auf der Grundlage der rassisti­schen  NS-Ideologie  eine deutsche und nationalsozialistische Mustergesellschaft entste­hen. Um dieses Ziel zu erreichen, war es aus Sicht der Planer notwendig, deutsche Minderheiten aus Osteuropa, die soge­nannten „Volks­deutschen“, in den neuen Reichsgebieten anzusiedeln.  Die Assimilierung der polnischen Be­völkerung war grundsätzlich nicht erwünscht, denn die Polen galten in der NS-Ideologie als rassisch minderwertig und sollten lediglich als billiges Arbeitskräftereservoir ausgebeutet werden.

Den Rahmen dieser brutalen Besatzungspolitik steckte der „Führer“ und Reichskanzler Adolf Hitler am 17. Oktober 1939 vor Vertretern des Oberkommandos der Wehrmacht und der Reichsministe­rien ab:  Es müsse ein „harter Volkstumskampf“ geführt werden, der „keine gesetzlichen Bindungen“ gestatte. Restpolen, das sogenannte Generalgouvernement, solle es ermöglichen „das alte und neue Reichsgebiet zu säubern von Juden, Polacken und Gesindel“, so der deutsche Reichskanzler.

Diese in den Augen der NS-Führung notwendige „rassische Flurbereinigung“ wurde unter der Federführung des am 7. Oktober 1939 zum Reichskommissar zur Festigung des deutschen Volkstums ernannten Reichsführers SS Heinrich Himmler geplant und organisiert. Himmler sah die Weiten des Ostens als Aufnahmegebiet eines stetigen Stroms junger, arischer Menschen an. Sie sollten als Bauernfamilien das „deutsche Wesen“ und die „deutsche Effektivität“ immer weiter nach Osten tragen. Die nationalsozialistische Planung sah von West nach Ost einen deutschen, einen polnischen und einen jüdischen Siedlungsgür­tel im deutsch besetzten Teil Polens vor.

Um Platz für die Volksdeutschen zu schaffen, ordnete Himmler am 30. Oktober 1939 an, dass in den folgenden vier Monaten alle 550.000 Juden und „eine noch vorzuschlagende An­zahl besonders feindlicher polnischer Bevölke­rung“ aus den an­nektierten polnischen Westge­bieten abgeschoben werden sollten. Insgesamt rechnete Himmler hier mit einer Anzahl von mehr als einer Million umzusiedelnder Men­schen.

Im folgenden Aufsatz wird die Rolle und Bedeutung der Umwandererzentralstelle für die seit September 1939 rasch einsetztende Eskalation von einer Umsiedlungs- und Vertreibungspolitik zur Vernichtungspolitik der NS-Herrscher im deutsch besetzten Polen näher beleuchtet.

Die Umwandererzentralstelle des Reichssicherheitshauptamtes

 

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