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Kochkunst im Spätmittelalter

Wer ein guot muos wil haben
Ein Essay von Peter Rose

„Speisen wie im Mittelalter“ – zahlreiche gastronomische Angebote versprechen den Menschen des 21. Jahrhunderts einen authentischen Eindruck der „Gaumenfreuden“ mittelalterlicher Küche zu vermitteln. Es stellt sich die Frage, ob diese nachgestellte historische Erlebnisgastronomie die Lebenswirklichkeit der Ernährung des Mittelalters auch nur annähernd widerspiegelt oder ob es lediglich eine idealisierte Fiktion von ritterlichen Festgesellschaften ist, die an opulenten Tafeln mit „Wein, Weib und Gesang“ schlemmen.

An Hand der überlieferten deutschsprachigen Kochbuchliteratur aus dem späten Mittelalter lassen sich einige spezifische Eigenheiten der Speisenzubereitung vor mehr als 500 Jahren näher beleuchten. Beim Studium der überlieferten Kochbücher sind die verschiedenen Intentionen der mittelalterlichen Küche zu erkennen und auch Bezüge zu heutigen Essgewohnheiten scheinen oftmals auf der Hand zu liegen. Bevor der Blick auf die Rezepte der mittelalterlichen Kochbücher gerichtet werden soll, um schließlich einige mögliche Verbindungen zu heutigen Essgewohnheiten aufzuzeigen, folgt zunächst ein grober Umriss der gesellschaftlichen Strukturen des Spätmittelalters im Zusammenhang mit der Nahrungsmittelversorgung weiter Teile der mittelalterlichen Bevölkerung im christlichen Abendland. Kochkunst im Spätmittelalter weiterlesen

Das Prekariat – ein neues Proletariat?

Ein Essay von Peter Rose

Rückkehr der sozialen Frage
„Gerade in der jetzigen Zeit tobt der Kampf um die Existenz mit furchtbarer Heftig­keit.“[1] Dieser Satz stammt aus dem Jahre 1913 und war damals im Vorwärts, der Parteizeitung der SPD, zu lesen. Fast 100 Jahre später berichtet die gleiche Zeitung im Februar 2010 über die immer größer werdende Not in Deutschland[2] und stellt auf der Titelseite die Frage: „Wer rettet den sozialen Staat?“. Demnach scheint das State­ment zum Existenzkampf aus den 1910er Jahren in gewisser Weise auch heute noch zuzutreffen. Haben also die gesellschaftli­chen Verhältnisse und Probleme von 1913 mit denen der Gegenwart etwas gemeinsam – und: wie viel politi­sche Sprengkraft steckt in einer Zuspitzung der sozialen Lage? Das Prekariat – ein neues Proletariat? weiterlesen

Ars moriendi – Die Kunst des Sterbens

Ein Essay von Peter Rose

Die Gewissheit des Todes
Memento mori – Gedenke, dass du sterblich bist. Dieser kirchlichen Mahnung, die den mittelalterlichen Menschen zu einem gottgefälligen Leben motivieren sollte, bedurften die in der Krisenzeit des späten Mittelalters Lebenden kaum mehr: Seit dem 14. Jahrhundert gab es eine Häufung von Naturkatastrophen mit Hungersnöten und sich ausbreitenden Seuchen, wie der Pest, die eine extrem hohe Sterblichkeitsrate in der Bevölkerung verursachten. Der „Schwarze Tod“ machte das Sterben zu einem ganz alltäglichen Ereignis: „Da sieht jeder, wie heute dieser, morgen jener Nachbar von der furchtbaren Krankheit ergriffen wird.“[ref]Rudolf, Rainer: Ars moriendi. Von der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens. Köln / Graz 1957, S. 9.[/ref] Jeder Mensch war sich damals bewusst, dass es auch ihn jederzeit dahin raffen konnte, „Tod und Verfall [rückten] den Menschen in vorher nicht gekannter Weise buchstäblich auf den Leib.“[ref]Reudenbach, Bruno: Tod und Vergänglichkeit in Bildern des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. In: Dülmen, Richard van: Erfindung des Menschen. Schöpfungsräume und Körperbilder 1500-2000, S. 73.[/ref] Ars moriendi – Die Kunst des Sterbens weiterlesen